Stuttgart. Das Landesverkehrsministerium beklagt in einer Pressemitteilung zu seinem KlimaMobilitätsMonitor, dass der Kfz-Verkehr im Land nicht abnimmt. Michael Ziegler, Präsident des Baden-Württembergischen Kraftfahrzeuggewerbes, kann das nicht nachvollziehen: „Der Kfz-Verkehr ist ein Indikator dafür, dass bei uns die Wirtschaft zumindest noch etwas brummt.“ Waren, die transportiert werden müssen, Menschen, die zur Arbeit fahren oder ihre Freizeit genießen, „wir sagen seit jeher, dass eine Verkehrswende, wie sie das Verkehrsministerium propagiert, kein Selbstzweck sein darf, sondern im Zusammenhang mit dem Wohlstand steht, den wir erwirtschaften. Wirtschaftliche Notwendigkeiten und Klimaschutz müssen daher besser in Einklang gebracht und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Klimaschutz könne deswegen nicht an das Totschlagargument „keine Autos = kein CO2-Ausstoß“ gefesselt werden, wie es das Landesverkehrsministerium jetzt tue: „Wir wollen keine niedersächsischen Verhältnisse, wo VW zwar teils durch eigene Versäumnisse, aber eben auch durch eine Politik gegen das Auto in EU, Bund, Ländern und Kommunen ins Wanken gerät. Und wir erinnern daran, dass VW mit Audi in Neckarsulm auch in Baden-Württemberg eine wichtige Rolle spielt, was unseren Wohlstand angeht“. Das Kfz-Gewerbe seinerseits hänge davon ab, „dass die Kaufkraft der Menschen ausreicht, ihre Mobilität per Auto zu sichern, denn das Auto stelle derzeit selbst in Städten noch immer den wichtigsten Mobilitätsfaktor im Alltag dar“. In diesem Zusammenhang kritisiert das Kraftfahrzeuggewerbe auch den geplanten Mobilitätspass, der Menschen über 18 zu einer Mobilitätsabgabe zwingen soll, die dann als Mobilitätsguthaben in ÖPNV-Zeitkarten genutzt werden müsste. Momentan ist der Gesetzentwurf in der Verbändeanhörung: „Ganz ausgegoren ist dieser nicht“, kritisiert der Verband: „Da droht beispielsweise der verrückte Effekt, dass passionierte und umweltbewusste Radfahrende in den Bus gezwungen würden, weil sie nach den jetzigen Plänen keine Möglichkeit hätten, ihre Abgabe zurückzubekommen“, sagt Michael Ziegler: „Jede Form der Drittnutzerfinanzierung lehnen wir ab, das gilt auch für die im Gesetzentwurf festgeschriebene Möglichkeit, dass nur Fahrzeughalter für die Abgabe und damit die Finanzierung des ÖPNV herangezogen werden können. So etwas ist ein Anschlag auf die individuelle Mobilität der Menschen als einem der wichtigsten Freiheitsrechte. Verkehrswende ist für uns vielmehr, wenn alte, klimabelastende Autos durch moderne Fahrzeuge mit E-Antrieb ersetzt werden, und dafür braucht es Anreize.“
„Ein Fünftel weniger Autoverkehr zu propagieren, wie es das Land tut, führt dagegen eher in den wirtschaftlichen Abschwung und den Verlust des Freiheitsgefühls der Menschen. Das werden diese auf Dauer nicht mitmachen. Zudem birgt es eher Konflikt- als Lösungspotenzial“, sagt Michael Ziegler. Wo einer der größten Knackpunkte liegt, sage das Land selbst in seinem KlimaMobilitätsMonitor, wenn es beschreibe, wie es ein Fünftel weniger Auto(verkehr) erreichen will: „In Städten soll der Autoverkehr bis 2030 etwa 50 Prozent geringer sein. In ländlichen Regionen dagegen nur um rund 10 Prozent.“ In Stuttgart hieße das, bezogen auf den derzeitigen Bestand 150.000 Pkw ersatzlos zu streichen und im Kreis Ravensburg knapp 19.000 Pkw. „Vollkommen unrealistisch, vor allem aber brandgefährlich – schon jetzt fehlen VW eigenen Angaben nach bundesweit rund 500.000 Pkw-Bestellungen, um seine Werke auszulasten. Solche Verkehrswendephantasien führen direkt in den wirtschaftlichen Abschwung.“ Besser wäre es, „beispielsweise die rund 67.000 Pkw der Schadstoffklassen Euro 1 bis 4 in Stuttgart durch E-Autos zu ersetzen, das gäbe einen deutlichen Klimaschutz-Schub – aber da müsste sich die Politik auf Landes- und Bundesebene mehr einfallen lassen, um das für unsere Kunden attraktiv und vor allem für die kleinen Geldbeutel, die diese Zielgruppe kennzeichnen, auch möglich zu machen.“ Eine finanzierbare Alternative für mehr Klimaschutz stelle auch der Einsatz klimaneutraler Treibstoffe da: „Da hatte das Land bisher bei den (r)eFuels bundesweit eine Vorreiterrolle und hatte sich beispielsweise für Beimischungsquoten ausgesprochen, deren Einführung wir sehr begrüßen würden. Warum das jetzt nicht mehr gelten soll, ist schwer verständlich.“